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Selbstreinigung durch Licht  der Erstautor  der Studie.  „So
         Die Nanopartikel können sich   konnten wir zeigen, wie sich
         allerdings selbst reinigen, wenn   diese Partikel genau verhalten,
         sie mit UV-Licht bestrahlt wer-  vor und nachdem sie der Wand-
         den. Titanoxid ist nämlich ein   farbe zugefügt wurden.“
         sogenannter Photokatalysator –   Das Forschungsteam misch-
         ein Material, das bei geeigneter   te die modifizierten Titanoxid-
         Lichteinstrahlung  chemische  Partikel  ganz gewöhnlicher,
         Reaktionen ermöglicht.     handelsüblicher  Wandfarbe
           Die UV-Strahlung  lässt  in   bei  und  überspülte  eine  damit
         den Partikeln freie Ladungsträ-  bemalte  Oberfläche  mit  einer
         ger entstehen, mit deren Hilfe   schadstoffhaltigen   Lösung.
         die  eingefangenen Schadstof-  Durch Sonnenlicht  konnten
         fe aus der Luft in kleine Teile   anschließend 96 % der Schad-
         zerlegt  und wieder  abgegeben   stoffe  abgebaut  werden.  Die
         werden können.             Farbe selbst verändert sich da-
           So werden die Schadstoffe un-  bei nicht – weil die Schadstoffe
         schädlich gemacht, bleiben aber   nicht  bloß  gebunden,  sondern
                                    mit Hilfe von Sonneneinstrah-
         nicht dauerhaft an der Wandfar-  lung auch zerlegt werden.
         be angelagert. Die  Wandfarbe
         bleibt langfristig stabil.  Müll als Rohstoff
           In der Praxis nützt das al-
         lerdings wenig – schließlich   Für den kommerziellen  Er-
         wäre es äußerst aufwendig, die   folg solcher Farben ist es auch
         Wand immer wieder mit inten-  wichtig, dass keine allzu teuren
         sivem UV-Licht zu bestrahlen,   Grundstoffe  notwendig  sind.
         um den Selbstreinigungspro-  „In der Katalyse  verwendet
         zess aufrechtzuerhalten.   man beispielsweise  Edelme-
           „Unser Ziel war es daher,   talle  wie Platin oder Gold.
         diese Partikel so zu verändern,   In unserem Fall reichen  aber
                                    Elemente,  die  überall  leicht
         dass der photokatalytische Ef-  verfügbar sind: Um Phosphor,
         fekt auch durch gewöhnliches   Stickstoff  und  Kohlenstoff  zu
         Sonnenlicht  hervorgerufen  gewinnen, haben wir getrock-
         werden kann“, erklärt Günther   netes Laub von Olivenbäumen
         Rupprechter.               verwendet, das Titan für die Ti-
           Das  gelingt, indem man   tanoxid-Partikel haben wir aus
         den Titanoxid-Nanopartikeln   Metallabfällen  gewonnen, die
         bestimmte  zusätzliche  Ato-  normalerweise einfach wegge-
         me beimischt,  etwa Phosphor,   worfen werden“, sagt Günther
         Stickstoff und Kohlenstoff. Da-  Rupprechter.
         durch ändern sich die Lichtfre-  Die  neuartige  Wandfarbe
         quenzen, die von den Partikeln   vereint  also mehrere  Vorteile
         aufgenommen werden können,   gleichzeitig:  Sie  kann  Schad-
         statt nur durch UV-Licht wird   stoffe aus der Luft unschädlich
         die  Photokatalyse dann auch   machen, sie hält länger als an-
         durch gewöhnliches sichtbares   dere Farben – und sie ist sogar
         Licht ausgelöst.           auch noch rohstoffschonend in
                                    der Herstellung  und kann aus
         96 % Schadstoffentfernung  recycelten Materialien gewon-
         „Wir  haben  dieses  Phänomen   nen werden.  Weitere  Experi-
         nun sehr detailliert mit einer   mente  dazu werden durchge-
         Vielzahl  unterschiedlicher  führt, eine Kommerzialisierung
         Oberflächen-  und  Nanoparti-  der Wandfarbe ist geplant.
         kel-Analysemethoden  unter-
         sucht“, sagt Qaisar Maqbool,   ■	www.tuwien.at

         Ausgabe 5–2024                                                                                         25
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